Der Vogelherd

 

Ein Vogelherd ist ein Fangplatz, an dem verschiedene Vogelarten gefangen wurden. Der Vogelfang war bis ins 19. Jahrhundert eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Je nach Saison und Vogelarten kamen unterschiedliche Fallen zum Einsatz. Vogelherde sind in ihrer Form eigens zum Zwecke des Vogelfangs aufgeschüttete Hügel. Es wurden aber auch Standorte ehemaliger Turmhügelburgen und wenn vorhanden frühgeschichtliche Grabhügel genutzt.

Ehe wir Magister E. W. Richter aus Hainichen das Wort erteilen, soll der Wildbacher Vogelherd kurz vorgestellt werden.
Unser Vogelherd liegt ungefähr auf halben Weg zwischen Kirche und Pfarrfelsen bzw. Sportplatz. Er ist ein Hügel mit alten Baumbestand. Betrachtet man ihn näher so muss man auch hier feststellen, dass dieser Hügel von Menschenhand geschaffen wurde. Auch hier gibt es aus meiner Sicht nur die beiden oben genannten Möglichkeiten, wobei ich das Vorhandensein einer Turmhügelburg favorisieren würde.

Vom Vogelherd hat man eine herrliche Aussicht in die nähere und weitere Umgebung unseres Ortes. Er wird auch von den Kindern als Spielplatz genutzt. Für Jugendliche ist er ein idealer Treffpunkt und geeigneter Zeltplatz. Eine Sitzgruppe lädt den Wanderer zum verweilen ein.

Geben wir nun dem Magister Richter, den Vogelherd betreffend, das Wort. In "Beschreibung des Königreich Sachsen" 1846 teilte er uns folgendes mit:
"Den Vögeln stellen die Vogelsteller zur Herbst- und überhaupt zur Zugzeit sehr unterschiedlich nach. Will der Vogelsteller fangen, so nimmt er nicht nur gute Lockvögel, sondern ahmt auch ihre Töne zum Locken nach, und er muß den Zug kennen, den sie nehmen. Entfernt er sich von ihrem Striche um vielleicht gegen 200 Schritte, so ist seine Mühe umsonst. Die Touren der Vögel laufen in gebirgigen Gegenden den Tälern gleich, so daß er auf den Anhöhen, die an Täler stoßen, das Stellzeug, seine (Lock-) Sträucher aufstellt. Auf die Sträucher, in das Stellzeug steckt er in gemachte Einschnitte Leimruten etwas schief ein, und unten um dieselben stellt er meist verdeckte Lockvögel, wozu er (schon früher gefangene) alte nimmt, weil jung aufgezogene teils zu verwöhnt, teils die Locktöne nicht verstehen, teils weniger nach Gatten rufen. Viele fängt er in Garn (Netze) auf Herden die sich durch Lockvögel und Locktöne haben heranziehen und durch die vorgelegten Nahrungsmittel in dasselbe gelockt, fangen lassen. Der Herdsteller muß vorzüglich den Strauch zu machen verstehen. Die Lerchen fängt man meist zur Nachtzeit in besonderen Netzen, so ist auch der Wachtelfang ein besonderer. Sehr häufig fängt man in Gebirgen die Vögel auf Tränken, dies geschieht so: Man verdeckt die Waldgründchen worin Wasser und die Waldbächlein im Walde mit Reisig, bringt ca. alle 10 - 12 Schritte weit ein dreieckiges Kästlein an, dessen Seiten bis zu 1 Fuß lang aus fingerstarken Nadelholzruten bestehen, dies aus drei Seiten markierte Dreieck, daß unter sich das Wasser durchrieseln läßt, ist mit Leimruten bepflanzt, die in schiefen Kerben feststecken; kommt der Vogel besonders nach Sonnenuntergang, um seinen Durst zu löschen, so muß er, da alles Wasser verdeckt ist, das Kästchen aufsuchen, wo er sich an den Ruten fängt.
Vorzüglich sehen es die Gebirgsvogelsteller ab auf die Finken den er nach seinen Pfeifen benennt: Reitzug-, Reitersassa-, Würzgebühr-, Trotzkopffink; wechselt er, so das er bald dies und bald das andere hören läßt, so nennt er ihn "Mätscher". Dann sind es noch Berg-(Buch- )Finken (Quäcker), Feld- (Ring- ) Sperlinge, Hänflinge, Flachsfinken (Zetscher) die im Spätherbst kommen und am häufigsten im November gefangen werden; namentlich geschieht dies am 2. Bußtag vor dem letzten Trinitatissonntag, der daher den Namen "Zetscherbußtag" hat; Stieglitze (Stilzen) sehr beliebt, Zeisige (Zessing), Kreuzschnäbel (Grünertte, Krünitze) Lieblinge der Bergleute und Hammerschmiede, Gimpel, Grünlinge (Quunscher), Kernbeißer (Lessing), Goldammer (Emmerlinge), Seidenschwänze (die mit den Zetschern ziehen), Wachholderdrossel (Ziemer, Zeumer), Singdrosseln (Zippen), Schwarzdrosseln (Amseln, Ammich), Schwarzplatte, Grasmücke, Rotkehlchen, Weißkehlchen, Blau- (Blaumüller), Tannen-, Platten-, Strauß-, Bart- (Schwanz)Meisen."

1806 wurde das Vogelstellen in deutschen Ländern verboten.

Jürgen Hüller im Auftrag des Heimatvereins Wildbach e.V.

Blick zum Vogelherd
 Blick zum Vogelherd

Blick ins Oberdorf
 Blick ins Oberdorf

Blick nach Hartenstein
 Blick in Richtung Hartenstein

Sitzgruppe am Vogelherd
 Sitzgruppe am Vogelherd