Unsere Heimat Das sind nicht nur die Städte und Dörfer,
unsere Heimat sind auch all die Bäume im Wald.
Unsere Heimat ist das Gras auf der Wiese,
das Korn auf dem Feld und die Vögel in der Luft
und die Tiere der Erde und die Fische im Fluß
sind die Heimat. |
|
Wer dieses Lied nicht in die politische Ecke stellt, weil es, 1951 entstanden, ein Lied der Pionierorganisation der DDR war, der wird zugeben müssen, dass es für unsere gesamte deutsche Heimat Gültigkeit hat. Die Liebe zur Heimat zu vermitteln war zu allen Zeiten ein Grundanliegen. Wie man in den 20-iger Jahren des letzten Jahrhunderts die Schüler an Flora und Fauna heranführte, will ich an einem Beispiel aus einem Schullesebuch darstellen.
Die Distel am Weg
Am harten, steinigen Weg steht die stachlige Distel. Kein andres Kraut mag dort wachsen. Kornblumen und Klatschmohn haben sich das gute Ackerland ausgesucht und sich mitten hinein zwischen den Weizen und Roggen gesetzt. Sie leben im Überfluss und stehlen dem nutzbaren Getreide die Nahrung weg. Die Distel nimmt bescheiden mit dem unfruchtbaren Wegerand vorlieb.
Die Blätter der Distel sind unansehnlich und starr. Sie sind in viele Fetzen zerrissen und tief geschlitzt. Dazu sind sie ringsum mit vielen spitzen Stacheln besetzt. Niemand mag sie anrühren; denn sie stechen empfindlich. Auch die schönen roten Distelblüten mag niemand zum Strauß pflücken. Ihre Stiele und Kelche tragen ja auch lange Stacheln, scharf und spitz wie Nähnadeln. – Da hängt die Distel traurig den Kopf. Sie möchte in der Welt gern auch etwas nützen und jemand eine Freude machen, - wie soll sie es nur anfangen?
Unverdrossen saugt sie die Tautropfen und den warmen Sonnenschein ein, wächst weiter und treibt wacker neue Blätter und Blüten.
Eine kleine Raupe kriecht heran. Sie ist traurig. Die Distel nimmt sich der kleinen Raupe an, gibt ihr freie Wohnung und Kost und beschützt sie mit ihren Stacheln gegen ihre Feinde. Die Raupe schmaust von dem Distelblatte und wird groß und stark davon. Endlich verwandelt sie sich in einen prächtigen Schmetterling. Der schöne Distelfalter ist das Pflegekind der Distel. Sie hat ihn groß gezogen.
Zu den süß duftenden Distelblumen kommen die Bienen. Sie ziehen daraus den Honig, tragen die süße Speise und den Blütenstaub zu ihren Kleinen daheim und häufen die Reichtümer in den Zellen des Bienenstocks auf. Wird dann der gefüllte Stock vom Bienenvater geleert und der Honig am Osterfeste auf den Tisch gebracht, so schmaust jung und alt den süßen Seim, den die Distel erzeugt hat.
Wenn im Winter alle anderen Blumen in Feldern und Wäldern schlafen gegangen sind, dann ragen die harten, dürren Distelstengel noch über die weiße Schneedecke hervor. Sie lassen sich vom Frost nicht leicht zerstören und vom Wind nicht leicht umbrechen. Jetzt fliegen die Distelfinken und andere kleine Wintergäste herzu, verspeisen die reifen Samenkörner und stillen ihren Hunger damit. Kommt dann der Frühling und bauen die Vögel ihre Nester, so sammeln sie noch die weiße Wolle aus den reifen Distelköpfen und machen daraus im Nest ein weiches Bett für ihre Eier und für die niedlichen Jungen. |