In unserer Region gibt es neben den festen Burgen wie der Burg Stein und der Burgruine Isenburg auch alte Wehranlagen. Die beiden
als Wasserburgen bezeichneten Anlagen in Thierfeld, die Wasserburg im Langenweißbacher Ortsteil Grünau und die Wehranlage "Ur-Stein" gegenüber der Burg Stein sind zumindest in interessierten Kreisen bekannt.
Unsere Turmhügelburg im Poppenwald, von der wie in den meisten Fällen bei solchen Wehranlagen nur noch der Turmhügel von ihrer Existenz zeugt, wurde bisher wenig beachtet und ist somit auch kaum bekannt. Ehe wir unsere Wehranlage näher betrachten, wollen wir uns bei Wikipedia bedienen, um einige erklärende Aussagen zu treffen.
Die Motte /Burg als Oberbegriff kommt aus dem französischen und bedeutet "Klumpen",
"Erdsode". Die Motte ist ein vorwiegend in Holzbauweise errichteter Burgtyp, dessen Hauptmerkmal ein künstlich angelegter Erdhügel mit einem meist turmförmigen Gebäude ist.
Deutsche Bezeichnungen sind auch Turmhügelburg, Erdhügelburg oder Erdkegelburg.
Die ersten Motten entstanden zwischen 900 und 1000 n. Ch. Die meisten Anlagen entstanden aber im 11.-12. Jahrhundert. In einigen Teilen Europas sind Motten bis ins frühe 15. Jahrhundert errichtet worden. Ihr Verbreitungsgebiet reichte von Irland bis Ostpolen.
Beim Grundriss ist eine kreisrunde Form für die Turmhügelburg typisch. Der Erdhügel hat die Form eines Kegelstumpfes. Die Hänge sind steil und mittels Grassoden gegen Erosion geschützt. Es kommen jedoch auch viereckige, ovale und polygonale Hügelformen vor.
Das auf dem Erdhügel angelegte Plateau war von einer Palisade umgeben. Bei kleineren Turmhügelburgen wird die Plattform auch nur von einem einfachen Weideflechtzaun umgeben, der passiven Schutz vor Eindringlingen oder wilden Tieren bot.
Stellen wir uns nun die Frage, zu welchem Zweck Turmhügelburgen errichtet wurden.
Mit Sicherheit zum Schutz der Bauarbeiten der Hauptburgen. Sie waren Stammsitze des niederen Dienstadels. Sie dienten außerdem dem Schutz der Bergleute in unsicheren Gebieten. Sie waren auch Sitz der Lokatoren und dienten später der Dorfbevölkerung als Zufluchtstätte.
Der Erdhügel mitten im Poppenwald fand über viele Jahre wenig Beachtung. Man konnte ihn bei oberflächlicher Betrachtung auch als natürliche Geländeerhebung bewerten. Bis eines Tages ein Herr M. Michaelis aus Zwickau die Existenz dieses Erdhügels dem Landesmuseum für Vorgeschichte in Dresden meldete. Von der daraufhin erfolgten Begehung gibt es folgenden Bericht: |
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Bericht
über die Begehung des über M. Michaelis, Zwickau, gemeldeten Erdturmhügels neben der Isenburg am 8.8.1954.
Die Stelle befindet sich auf dem gegenüber der Isenburg gelegenen Talsporn zwischen Mulde und Wildbach auf dem linken Muldenufer. Es handelt sich um einen verhältnismäßig kleinen Bühl von beträchtlicher Höhe und steiler Böschung. Am Fuße befinden sich geringe Spuren eines Grabens und Reste einer kaum als Wall zu bezeichnenden äußeren Erhöhung. Auf der Oberseite des Bühles unter dem Grase kann man durch Stochern plattige Steine feststellen. Am Rande des Bühls trifft man jedoch auf ähnliche Steine, die aber nach Wegnahme von Grassoden nirgends Mauerverband erkennen lassen. Unmittelbar anschließend ist das Gelände bewegt und stark verändert. Offenbar handelt es um Halden und anderen Spuren ehemaligen Bergbaus. Eine eindeutige frühdeutsche Wehranlage ist die Stelle nicht. Sie erscheint fraglich. Die Möglichkeit, daß hier eine Warte gestanden hat, erscheint nicht abwegig. Das Verhältnis zur Isenburg ist auf Grund einer bloßen Besichtigung ohne Grabung kaum zu erläutern. Auf alle Fälle sind die Verhältnisse nicht so klar und die Anlage nicht so bedeutend, wie bei der nahen Burg Stein, die in der Wehranlage auf dem Talsporn der Eichleite sicherlich ihren Vorgänger besessen hat.
Gerhard Billig
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Weitere offizielle Dokumente stehen mir nicht zur Verfügung. Es wird wahrscheinlich auch nicht viel mehr brauchbare Unterlagen geben. Weil die Faktenlage in Richtung Funde, Urkunden und anderer Dokumente gegen Null geht, halten sich studierte Historiker und Archäologen verständlicher Weise zurück. Eine Behauptung stellen sie jedoch auf: „Da die Isenburg im Zuge der Erstbesiedlung errichtet wurde, kann unsere Turmhügelburg keinesfalls die Vorgängerburg sein“. Eine Feststellung, die man glauben kann oder auch nicht.
Wer, wie ich, kein Fachmann ist, kann sich erlauben, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und Aussagen zu treffen, die nicht belegt werden können.
Ehe ich zur „wahren“ Historie unserer Turmhügelburg komme, muss noch der Flurname „Vogelherd“ geklärt werden. Dieser Begriff ist trotz intensiver Nachfrage keinem noch lebenden Wildbacher bekannt. Es ist aber nicht auszuschließen, dass er in früheren Jahren geprägt wurde und im Laufe der Zeit in Vergessenheit geriet. Zumal diese Erdhügel auch beliebte Orte für das Vogelstellen waren.
Zu einer Zeit, da an Erstbesiedlung unseres Gebietes durch deutsche Stämme noch nicht zu denken war, durchstreiften Slawen speziell die Gebiete entlang der Flüsse. Gegenüber des Standorts unserer Turmhügelburg am rechten Muldenufer fanden sie ein Stück offene Landschaft. Dies, die fischreiche Mulde und der wildreiche Wald führten dazu, dass eine kleine Siedlung entstand. Diese Slawen erbauten auch die erste Turmhügelburg.
Dass diese Anlage auf Wildbacher Seite der Mulde erbaut wurde, ist kein Widerspruch. Zu jeder Zeit waren Menschen in der Lage, Gewässer wie die Mulde zu überqueren. Bei Streifzügen wäre man, wenn Gefahr droht, schneller an einem sicheren Ort. Es ist auch nicht auszuschließen, eher wahrscheinlich, dass diese ersten Siedler sich im Bereich unserer Turmhügelburg bergbaulich betätigten. Die Siedlung unterhalb der Prinzenhöhle erstreckte sich aus heutiger Sicht über die Zufahrtsstraße zum Schacht, über den Bahnkörper und die Talstraße bis zur Mulde.
Wie wir es aus der Geschichte kennen, wechseln auch bei Burgen und Wehranlagen die Erbauer und Besitzer. Unserer Turmhügelburg erging es ebenso. Die Erbauer der Isenburg fanden unweit des gewählten Standortes ihrer Wehranlage eine kleinere Anlage vor. Die bisherigen Nutzer unserer Turmhügelburg haben bei der nicht immer friedlichen Inbesitznahme des Territoriums ihre Siedlung und Burg verlassen.
Die neuen Besitzer unserer Burg nahmen zur Verbesserung des Schutzes einige bauliche Veränderungen vor. So wurde der aus Weidegeflecht bestehende Zaun durch massive Palisaden ersetzt, die im Innenraum mit einem Wehrgang versehen waren. Der Turm selbst wurde verstärkt und erhielt eine weitere, auskragende Etage. So geschützt, konnte man weitestgehend ungestört an die Erbauung der Isenburg gehen.
Mit der Fertigstellung der wahrhaft wehrhaften Isenburg verlor unsere Turmhügelburg ihre Bedeutung als Wehranlage. Sie übernahm nun die Funktion einer „Warte“. Sie wurde aber nicht, wie Gerhard Billig vermutet, als Warte erbaut. Nein, sie wurde durch den Bau der Isenburg zur Warte degradiert. Als Warte bezeichnet man im Allgemeinen einen Beobachtungsposten oder Turm. Sie war Teil der äußeren Wehranlage. Von ihr aus sollte man anrückende Feinde früher erkennen.
Unsere Turmhügelburg hatte nun rund 150 Jahr im Dienste der Isenburg als Beobachtungsposten gedient. Was geschah aber um das Jahr 1320? Die Isenburg wurde zerstört. Von wem, ist hier unwichtig; viel wichtiger ist die Frage, ob unsere Turmhügelburg in diesem Zusammenhang auch zerstört wurde? Ich sage: nein! Die Isenburg soll zerstört worden sein, weil sie zum Raubnest verkommen war. Sollte die Zerstörung andere Ursachen gehabt haben, so zerstöre ich als Sieger nicht das, was mir noch nützt. Hierfür gibt es einen ganz plausiblen Grund.
Schon viele Jahre vor dem Untergang der Isenburg kam es zu bergbaulichen Tätigkeiten. Namen wie Stollenweg, Stollen, Eisenlöcher oder kleine Pingen und Halden sollen hier als Beweis genügen. Der Bergbau sollte natürlich auch nach der Zerstörung der Isenburg fortgesetzt werden. Unsere Turmhügelburg übernahm noch für lange Zeit den Schutz der Bergleute im Poppenwald. Wie groß dieser Zeitraum war, ist schwer nachvollziehbar. Ein zeitlicher Anhaltspunkt könnte der Verkauf des „Poppenholz“ durch die Schönburger an Martin Römer sein. Dieser Verkauf erfolgte 1478. Der Name Martin Römer ist untrennbar mit Bergbau verbunden. Martin Römer verschenkte einen Teil des Poppenholz unmittelbar nach dem Kauf an das Georgenhospital in Zwickau. Er verschenkte den oberen Teil, der nichts mit Bergbau zu tun hatte. Als 1515 der untere Teil an das Georgenhospital verkauft wurde, war spätestens das Ende unserer Turmhügelburg gekommen.
Die Turmhügelburg steht als Bodendenkmal unter Denkmalschutz. Es hat keinen Sinn, am oder im Bereich des Erdhügels zu graben. Außer Zerstörung kann sonst nichts erreicht werden. Besucht den Standort unserer Turmhügelburg und lasst eurer Phantasie freien Lauf, das allein kann euch glücklich machen und unseren Erdhügel noch für viele Generationen erhalten.
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