Die Spur der Steine – die Lösung eines Rätsels

Die Lösung der Rätsel dieser Steine wird die Geschichte der Burg Wildenfels hervortreten lassen. Keine Urkunden oder Dokumentationen, die in den Kanzleien der Fürsten und Bischöfe niederge-schrieben wurden, sind objektiver und historisch ehrlicher, als die in die Steine gemeißelte Geschichte.

Beide Steine, die wie bekannt in der Mauer des Friedhofs in Wildbach zu finden sind haben ihren gemeinsamen Ursprung in der Burg Wildenfels. Es sind Werksteine aus Sandstein mit unterschiedlicher Färbung. Der eine Stein, den ich in einem meiner Aufsätze schon ausführlich beschrieben habe ist schon zur Zeit des Baues der Burg ins Burggemäuer eingebaut wurden.

 
Detail Friedhofsmauer

Frühere Öffnung in der Friedhofsmauer
 


Über den Einbauort kann man nur Vermutungen anstellen. Er könnte in Türlaibungen, im Mauerwerk des Pallas oder auch in der Burgkapelle eingebaut sein. Jedenfalls musste es eine repräsentative, gut sichtbare Stelle gewesen sein. In diesem Stein hat Dudo von Meineweh seine Teilnahme am 3. Kreuzzug unter Kaiser Friedrich I. in symbolhafter, bildlicher Darstellung für die Nachwelt dokumentiert.

Bei dieser Darstellung darf man annehmen, dass sie von einem Burginsassen oder aber von Dudo selbst stammt. In der Friedhofsmauer steht der Stein auf dem Kopf. Um die Symbolik einigermaßen zu erkennen muss er um 180 Grad gedreht werden.

Der andere Stein kam erst viel später auf die Burg. Er kam aus einem anderen Steinbruch, was leicht an seiner helleren Farbe zu erkennen ist.

Beim Betrachten am PC muss er um 90 Grad nach links gedreht werden. Dieser Sandstein wurde zum Epitaph bzw. Gedenkstein. Gemeinsam verbrachten die Steine viele Jahrhunderte auf dem Areal, der in der Substanz noch relativ gut erhaltenen Burg. Als die Schönburgische Herrschaft in den Jahren 1750/1751 genehmigte, dass Sprengungen zur Gewinnung von Mauersteinen für den Kirchenbau getätigt werden können, lagen unsere Steine in den Trümmern der Burg. Da sich der vorgesehene Kirchenbau aus vielen Gründen verzögerte ist es wahrscheinlich, dass sie nicht vor 1804 von dem Burgareal wegkamen. Es könnte aber auch so gewesen sein, dass sie erst zum Bau der erweiterten Friedhofsmauer um 1820 abgefahren wurden. Hier wurden sie zur gleichen Zeit verbaut. Auf Betreiben von Altertumsfreunden wurde der Durchgang in der neuen Mauer entsprechend der alten Mauer vorgesehen, aber umgehend wieder zugesetzt. Einer unserer markanten Steine hilft also den Durchgang zu schließen.

War es Zufall oder Fügung, jedenfalls begegnete ich an der Friedhofsmauer einem Ehepaar aus Wildbach. Im Gespräch an den Steinen und über die Steine stellte sich heraus, dass unsere Interessen in die gleiche Richtung gehen. Beide hatten wir Fotos von den Steinen gemacht. Während meine Bilder aus 2021 waren und mit einer einfachen Kamera erstellt, konnte das Ehepaar Bilder mit einer entschieden besseren Qualität vorzeigen. Ihre Bilder stammten aus dem Jahr 2000. Die Frau hat die Besonderheit des Steines erkannt und zeitnah Verbindung mit dem Landesamt für Denkmalpflege aufgenommen. Die anfängliche Korrespondenz verlief ohne befriedigendes Ergebnis im Sand.

Der Versuch, mit begrenzten Mitteln und Möglichkeiten den Text zu entschlüsseln und seine Geschichte offenzulegen, ist sehr aufwändig und mühsam. Es wäre wünschenswert, wenn staatliche Stellen mit ihren Fachleuten und ihren technischen Möglichkeiten, das Erkannte bestätigen oder auch verbessern. Ein junger, ehrgeiziger nach höheren Weihen strebender Mitarbeiter, der nicht mit Vorgaben überhäuft ist, könnte hiermit seine Meriten verdienen. Auch ich habe meine Erkenntnisse dem Landesamt für Denkmalpflege übermittelt, eine endgültige Aussage ist noch offen. Ich glaube aber nicht, dass eine Entscheidung im Interesse der Burg erfolgt.

     




 

Nachfolgend das Ergebnis meiner Bemühungen, dabei sind die Wörter, die ich lesen konnte mit Großbuchstaben geschrieben:

In EwigKEIT

DEM Erlöser der CHRISTENHEIT

JESUS HERR des Himmels und der Erden UND

DUDO seinen Knecht wollen wir PREISEN

DUDO ist verstorben ANNO 1223 ALS

alle Menschen waren in großer NOTH

Mit den Wörtern, die ich erkannt habe oder glaubte erkannt zu haben, erstellte ich diese religiöse Inschrift.

Das Original der Inschrift formulierte ursprünglich der Prior des Augustiner – Chorherrenstiftes in Zelle zu Ehren des Dudo von Meineweh, einem Gönner seines Klosters.

In den Stein brachte die Inschrift ein Steinbildhauer des Markgrafen von Meißen.

Eine Fürsprache durch Meinher II. von Werben, Herr der Nachbarherrschaft Hartenstein und Burggraf von Meißen, kann nicht ausgeschlossen werden.

Unter der Inschrift kann man auf den ersten Blick nur eine leere Fläche vermuten. Schaut man genauer hin können schwache, flache Strukturen erkannt werden. Hier ist auch erfühlt oder ertastet werden nicht falsch. Auf einem Gedenkstein mit dieser Inschrift dürften ein Palmwedel oder/und eine Taube mit Olivenzweig sinnvoll sein.

An der Jahreszahl 1223 lässt sich erkennen, dass dieser Stein erst zum Zwecke des Epitaphs bzw. Gedenkstein für Dudo auf die Burg kam. Rechnet man die organisatorischen und logistischen Aufwendungen, so könnte das Jahr 1224 das zutreffend Jahr seiner Ankunft sein. Der Stein hat eine Grundfläche von ca. 40x50 cm. Er ist ca. 55 cm hoch und verjüngt sich oben auf ca. 30 cm. Der Stein nimmt mit seiner Abmessung die gesamte Mauerbreite von 50 cm ein. Auf der Seite des Friedhofs kann man auch undefinierbare Einkerbungen sehen. An dieser Stelle darf man fragen: Können an den eingemauerten Seiten des Steines ebenfalls Botschaften aus dem Jahre 1224 zu finden sein?

Der Gedenkstein fand in der Burgkapelle einen würdigen Platz. Die Annahme, dass er auf einem Sockel stand, steigert die Wertschätzung des Dudo von Meineweh.

Nun noch eine kurze Anmerkung zu Dudo von Meineweh. Ich habe das Geburtsjahr des Dudo für 1134 festgelegt. Grund dafür war der Bau der Burg Wildenfels um 1155 und das Jahr 1173 in Bezug auf die Gründungsurkunde des Klösterlein Zelle. Als Dudo 1223 verstarb war er wahrscheinlich 89 Jahre alt. Ein sehr hohes Alter. Dudo lebte im historischen Zeitraum des Hochmittelalters. Die Vorteile der mittelalterlichen Warmzeit ließen nicht nur das Größenwachstum sondern auch das Alter der Menschen ansteigen. Eine gute Versorgung mit Fleisch, Milch, Fisch u.a. und landwirtschaftliche Fortschritte leisteten ihren Beitrag.

Dudo wurde innerhalb der Burgmauern bestattet. Läuft man mit der Wünschelrute durch das Areal der Burg bekommt man viele Anomalien angezeigt. Eine Anomalie an der Südmauer erweckt den Anschein, dass dort die Begräbnisstelle des Dudo von Meineweh ist. Zu finden ist das vermutete Grab an der Ecke der dort ehemals vorhandenen Gebäudegiebelwand und der Außenmauer der Burg. (Bild)

 

Vom vorhandenen Sicht-und Lichtschlitz ist es in Richtung des Haupteingangs ca. 3 Meter entfernt. Lässt man seine Fantasie walten, ist das Grab mit einer entsprechend großen Steinplatte abgedeckt und Dudo hat sein Schwert als Grabbeigabe bei sich.

Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass erst in der Burg Wildenfels und jetzt in der Mauer des Friedhofs von Wildbach, die älteste Inschrift in Mittelhochdeutscher Schrift zu finden ist.

     

Wildbach, Juni 2022
Jürgen Hüller