Die Schulwiese

Wer kennt von den Wildbacher Einwohnern noch den Flurnamen „Schulwiese“? Einige werden es wohl noch sein. Woher der Namen stammt ist aber nur wenigen geläufig. Die Lage der Schulwiese macht es einen auch nicht leicht, finden wir sie doch nicht in der Nähe der ehemaligen Schule. Eingebettet zwischen Schulholz und Poppenholz erstreckt sie sich am Steilhang des Wildbachs einige Meter hinter der Kläranlage in Richtung der Burgruine. Nur am Beginn des Tales kann man noch ein Teilstück mit viel Zugeständnis als Wiese erkennen. Der restliche Teil der Schulwiese ist durch den Anflug von Ahorn, Hasel, Espe und Erle zum „Wald“ geworden. Bild 1

Einst wurde die Schulwiese intensiv genutzt. Sie war für viele Kaninchenzüchter eine wichtige Grundlage ihrer Kleintierhaltung. Während heute sehr viel über Nachhaltigkeit gesprochen wird, wurde sie in früherer Zeit schon gelebt. Schonend wurde mit der Sense gemäht. Meist wurde aus den artenreichen Gräsern und Pflanzen duftendes Heu gemacht. Eine Wohltat für Mensch und Tier. Die Wiese dankte für den pfleglichen Umgang mit selten Blumen und Pflanzen. Besonders beeindruckend war im Frühling der gelbe Teppich aus vielen Himmelschlüsselchen.

 
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Um zur Schulwiese zu gelangen gab es zwei Möglichkeiten. Man konnte den Weg zur Schulwiese durch den Poppenwald nehmen. Dieser wurde auch genutzt als die Wiese noch komplett in einer Hand war. Die Nutzung von Gespannen war hier möglich. Auch konnte Grünschnitt und Heu leichter hangabwärts gebracht werden. Zu der Zeit, als die Wiese in Parzellen aufgeteilt war, nutzten die Pächter den Zugang über das Grundstück der Claus-Mühle. Ein schmaler Pfad, der ausschließlich mit Schubkarre oder Handwagen befahren werden konnte, führt entlang des Hanges.

Die Wiese selbst ist auf Grund der Hanglage relativ trocken. Um das Wasserdefizit auszugleichen haben die Pächter an entsprechender Stelle den Wildbach angezapft. Ein schmaler Wassergraben verlief zwischen Hang und Pfad. Der Graben musste im Frühjahr immer aufs Neue gereinigt und freigelegt werden. Das Wasser durfte nach geregelten Vorgaben entnommen werden.


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Bild 2 Das eingangs als Wiese erwähnte Teilstück wurde auch als Garten genutzt. Umzäunt waren diese Gärten mit einem Zaun aus dürren Fichtenstämmchen, um das angebaute Gemüse, die Blumen und Beerensträucher vor Wildfraß zu schützen. Neben Walter Fischer hatte auch Paul Reißmann einen Garten. Im Gelände stand ein Schuppen für Gartengeräte und sonstiges Werkzeug. Auch Heu wurde hier eingelagert. Ein Hasenstall durfte auch nicht fehlen. In einem Blechfass wurde Gießwasser gespeichert, welches vom Graben mittels Rohr zugeführt wurde. Eine einfache Bank gab Gelegenheit zum Ruhen. Auf dieser Bank saß nach getaner Arbeit Paul Reißmann. Er hatte diesen Garten mit Mühe und Fleiß angelegt. Das Alter forderte seinen Tribut und so konnte der Garten nur bis zum Anfang der 1960er Jahre erhalten werden. Bis ungefähr 1970 waren noch Relikte des Gartens zu sehen.

Das Wildbacher Urgestein Rudi Fischer erinnert sich, dass er als Schuljunge die überschüssigen Erträge an Verwandte und Freunde verteilen musste.

Auch mit der Nutzung der Schulwiese durch Kaninchenzüchter ging es abwärts. Es gab immer weniger interessierten Nachwuchs.

Die Jungen wollten sich die beschwerliche Arbeit nicht antun. Langsam aber sicher wurde die Schulwiese sich selbst überlassen.

Es kam jedoch ein neuer Aufschwung. Auf der Schulwiese weideten Schafe. Auf dem ersten Blick eine sinnvolle Nutzung, waren doch keine großen körperliche Anstrengungen bei dieser Tierhaltung erforderlich. Ein jähes Ende brachte ein Angriff eines tollwütigen Fuchses im Mai 1977. Ein Muttertier und zwei Lämmer wurden schwer verletzt. Tierärztlich bzw. Laboruntersuchungen bestätigten den Tollwutverdacht. Die gesamte Herde der Familie Schwab, insgesamt 12 Tiere, musste getötet werden. Jahre später versuchte es ein weiterer Schafhalter, der nach kurzer Dauer aber den Weidebetrieb auf der Schulwiese einstellte.


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Von hier ab hatte der Wald freie Hand. Langsam aber stetig eroberte er die Wiese. Eine eher halbherzige Aktion, den Anflug von Pollen zu beseitigen, brachte keinen Erfolg. Im Jahre 2000 wurde mit Hilfe einer ABM ein behindertenge-rechter Wanderweg entlang der Schulwiese angelegt. Bild 3

Der Begriff „Schule“ ist kein Alleinstellungsmerkmal für diese Wiese. Parallel zur Schulwiese verläuft das Schulholz. An der Straße nach Schneeberg liegt auf der rechten Seite am Hang des Rosinigberges das obere Schulfeld.

Im Quellgebiet des Silberbaches liegt die obere Schulwiese. Sie ist mit ihrer besonderen Flora (Sonnentau und Knabenkraut) heute auch als Kirchenwiese bekannt.

Geben wir nun Pfarrer Theodor Landgraf das Wort, der uns in der Beschreibung der Parochie Wild-bach - Langenbach einen guten Einblick zum Sachverhalt gewährt.:

...im Oberstock aber Wohnungen von zwei Lehrern, deren erster mit dem Schuldienst den

Kirchendienst in seiner Person verbindet. Von letzterem ( dem Kirchendienst ) bezieht der Inhaber ein Einkommen von 525 Mark, das zum Wesentlichen aus den Pachterträgnissen des Kirchschullehens besteht. Dieses, wohl schon von Anfang her von dem die Dorfflur durchziehenden Kirchenlehen abgezweigt, hat einen Flächengehalt von 6,58 ha Wald, Feld, Garten und Wiese und ist schon in alten Schriftstücken als „Schulgut“ erwähnt, das bis gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts von den Stelleninhaber (Kirchschullehrer) selbst bewirtschaftet wurde, seitdem aber größtenteils in Einzelpacht vergeben, bzw. zu einem kleinen Teil zu dem 1896 der Pfarre gegenüber angelegten Schulturnplatz verwendet worden ist.“  

Die Weimarer Verfassung von 1919 brachte dann die Trennung von Kirche und Staat und somit auch die Trennung von Kirche und Schule. Die Flächen des Kirchschullehen gingen in den Besitz der Kirche über. Die Flurnamen blieben weitestgehend erhalten. Das Kirchenlehen hat die vormals abgezweigte Fläche von 6,58 ha zurück.

Wildbach, September 2021

Jürgen Hüller