Die Richtstätte der Herrschaft „Isenburg“/Wildbach

 

Ruine Isenburg. Foto Jürgen Ullrich

 
  Wer sich mit der Geschichte der Herrschaft „Isenburg“/Wildbach befasst, begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit, die bisher weder mit Urkunden noch mit literarischen Quellen dokumentiert werden konnte. Was bleibt ist, all das Fassbare, alle Indizien und die bekannten Theorien zu verknüpfen, um zu einem plausiblen in sich schlüssigen Ergebnis zu kommen.Was glauben wir von der Herrschaft „Isenburg“/Wildbach zu wissen? Sie entstand als Rodungsherrschaft. Die Größe der Burganlage belegt, dass es eine Herrschaftsburg war. Das „Verwaltungszentrum“ war die Burg selbst. Die Parochialirche sollte man in Griesbach ansiedeln. Die Mühle lag relativ zentral im Operitz. Die Anzahl der zur Herrschaft gehörenden Dörfer garantierten die wirtschaftliche Existenz. Das Klösterlein Zelle, dessen Besitzungen teilweise auf dem Gebiet der Herrschaft liegen, sichert die religiöse Betreuung.

Eines der wichtigsten Merkmale einer Herrschaft ist die Gerichtsbarkeit. Dabei handelt es sich um die „Hohe Gerichtsbarkeit“, die auch Körperstrafen und die Todesstrafe verhängen konnte. Das Recht über Leben und Tod der Untertanen zu urteilen wurde auch als sogenannter Blutbann bezeichnet. Die Verhandlungen und die Rechtssprechung erfolgten auf der Burg. Doch wo finden wir die Richtstätte, die zumindest bei der Verhängung von Todesstrafen vorhanden sein musste? Die Richtstätte bzw. der Richtplatz befand sich meist außerhalb der Ortschaften. Man benutzt dazu markante Orte. Berge, Hügel, Wegekreuzungen oder stark befahrene Wege waren dazu gut geeignet. Der errichtete Galgen musste weithin sichtbar sein um eine immense abschreckende Wirkung auf Fremde und Bewohner zu erzielen. Der Galgenbalken wurde symbolisch in Richtung einer Kirche oder des Klosters gerichtet.
Welcher Ort innerhalb der Herrschaft „Isenburg“/Wildbach wäre nun für eine Richtstätte besonders geeignet? Da der Weg zum Galgen für den Verurteilten auch ein Teil der Strafe war, sollte eine gewisse Entfernung vorhanden sein. In Frage käme unser Rosinigberg aber auch der „Schneeberger Berg“, auf Langenbacher Flur, der eigentlich der Stockberg ist. Beide Berge erfüllen die meisten der oben genannten Bedingungen und haben noch den Vorteil, dass der Galgen auch in der angrenzenden Nachbarherrschaft zu sehen war.

 

Galgenberg mit Ortslage Langenbach

Wie dieser Ort von den alten Langenbacher Einwohnern empfunden wurde, lesen wir in der von Paul Dost erstellten Ortschronik von Langenbach.
Zum Flurnamen Rudolphgraben schreibt er u. a. folgendes:

Galgenberg aus Richtung Schneeberg

  An seinem Oberlauf, dort wo es (das Bächlein) die Straße nach Schneeberg und das Kirchenlehen kreuzt, hieß es „Reitergraml“. Dort war es „nicht richtig“. Seit vielen Jahrhunderten wollen Einwohner des Öfteren einen „Reiter ohne Kopf“ beobachtet haben. Auch sonst wussten sie manch gruslige Geschichte von diesem Platz zu erzählen und mancher Langenbacher, der sich verspätet hatte und dem es auf dem Heimweg finster geworden war, mag bangen Herzens dort vorbeigegangen sein “.

Die Darlegungen des Paul Dost kann ich durch eigene Erfahrung bestätigen. Ich verbrachte meine Kindheit in Langenbach. Wer den Alten aufmerksam zuhörte erfuhr manche, oftmals stark übertriebene Gruselgeschichte über diesen Ort. Fast jede Woche ging es nach Schneeberg zum Einkaufen. An stürmischen und trüben Spätherbsttagen lief schon ein leichter Schauer über den Rücken, wenn man an dieser Stelle vorbei ging. Fast automatisch wurde der Schritt schneller.

Die Geschichten vom „Reiter ohne Kopf“ begegnen uns in vielen Gegenden unserer Heimat. Und sehr häufig kann man diese Geschichten Richtplätzen zu ordnen.

Ich bin überzeugt, dass wir hier die Richtstätte der Herrschaft „Isenburg“/Wildbach gefunden haben. Die Überlieferungen durch den Volksmund und der in den Sächsischen Meilenblättern eingetragene Flurname „Galgenberg“ sollte ausreichender Beleg dafür sein.

Jürgen Hüller, Wildbach, November 2013,