Schatzsuche war gestern, heute suchen wir die Prinzenhöhle.
Wieder einmal war es Dietmar Reimann, der den Anstoß zur Suche nach dem wirklichen Ort der Prinzenhöhle gab. Man darf von ihm denken, was man will, aber für meine Person kann ich sagen: Ohne seine Bücher und ohne entsprechende Beiträge über seine Schatzsuche im Poppenwald wäre mein Interesse für unsere nähere Heimat nicht in diesem Maße geweckt worden. Achtung ringen mir auch seine exakten Recherchen und seine konsequente Beweisführung ab. Aus seinem Umfeld, ich gehöre nicht dazu, war zu hören, dass er auch konsequent belehrungsresistent wäre. Das muss nicht immer ein Fehler sein.
Sollten die Aussagen in der Sächsischen Zeitung vom 8. Juli 2010 seine eigene Auffassung wiedergeben, so möchte ich mit Verlaub folgende Korrektur vornehmen. In meinen Beiträgen „Wege im Poppenwald“ und „Ein Bach mit vier Namen“, erschienen im Bad Schlemaer Gemeindeanzeiger und unter www.heimatverein-wildbach.de, habe ich die Lage der Bärenhöhle relativ genau beschrieben. Es ist auch der einzige Erkundungsstollen im Poppenwald, der die Bezeichnung „Bärenhöhle“ trägt. Einen weiteren Stollen wollen wir später als Prinzenhöhle bezeichnen.
Die Geschichte des Prinzenraubes ist den meisten Leuten mehr oder weniger bekannt. Es ist jedoch wesentlich, einige historische Fakten zu nennen, die uns zu unserem gesuchten Ort führen.
Im März 1478 verkaufte Friedrich von Schönburg das „Poppenholz“ an den Zwickauer Amtmann Martin Römer. Bis zum Verkauf war das „Poppenholz“ also im Besitz der Schönburger.
Kunz von Kaufungen besaß von 1448 bis 1450 die Burg Stein zu Lehen. Der Junker Kunz von Kaufungen war mit Stein Herr über die Bauern von Langenbach und Wildbach, sowie über die angrenzenden Wälder einschließlich des „Poppenholz“. In diesen reichlichen zwei Jahren - nach der „Lindenauer Nahme“ wurde ihm die Burg gekündigt - hatte er sicherlich einen guten Überblick über sein Lehen. Er kannte also auch die Lage und die Größe des am Ufer der Mulde befindlichen Stollens. Ob Kunz dort eine Glashütte betreiben wollte, wie es Dietmar Reimann in Erwägung zog, ist fraglich. Unser Stollen ist sicher in Kombination von bäuerlicher und bergmännischer Tätigkeit entstanden, d. h. je nach Jahreszeit und klima-tischen Bedingungen wurden die entsprechenden Arbeiten ausgeführt.
Machen wir einen Sprung in die Zeit des 30-jährigen Krieges und bemühen einen Eintrag im Wildbacher Kirchenbuch. Pfarrer Köhler, der selbst zwei Mal mit Weib und Kind dabei war, als 1632 Manns - und Weibspersonen sich im Wald und in Steinfelsen verkrochen, mit Hunden und vielseitigen Schrecknissen aufgejagt und durch die Mulde getrieben wurden, übermittelt uns diese Nachricht.
Die Menschen suchten also u. a. in dem von uns gesuchten Stollen Schutz vor den Holckschen Truppen.
In Vorbereitung der Vermählung der Gräfin Schönburg suchte der Hartensteiner Diakon Johann Friedrich Käufler die Prinzenhöhle. Er fand schließlich auf der rechten Muldenseite im unwegsamen Gelände eine große Felsspalte oder auch einen altbergbaulichen Erkundungsstollen. Von G. F. Oesfeld erhalten wir 1780 folgende Aussage:
„Der Herr Diaconus Johann Friedrich Käufler in Hartenstein hat mir seine Gedanken hierüber schriftlich mitgeteilt, welche folgende sind: Ich habe die sogenannte Prinzenhöhle, unter folgenden Kennzeichen, die ich aus vielen davon handelnden Schriften gesammelt, im verwichenen Sommer aufgesuchet und glücklich gefunden. Die angegebenen Kennzeichen waren diese: 1. die Höhle muß im Walde an der Mulde hinter dem Schlosse Stein, 2. bey der alten Eisenburg, also nicht in auch nicht unter dem alten Raubschlosse, das ist ohnweit oder in der Nähe der Eisenburg, seyn 3. an der ehemaligen alten Fränkischen oder Nürnbergischen Straße…Unten am Fuß des Berges ist die Nürnbergische Straße vorbey durch die Mulde gegangen, wo man noch die alte Furth, ja bei seichtem Wasser sogar die Überbleibsel von steinerne Pfeilern einer Brücke zeigt“.
Seit dieser Zeit kennen alle bisherigen Generationen die Lage der Prinzenhöhle. Eine Erkenntnis daraus ist: Nicht nur heute, sondern schon damals konnten Hochzeiten große Irrtümer sein.
Kein Irrtum ist aber die Aussage im 1826 erschienen Wanderbuch „Der Weg von Schneeberg bis zur Prinzenhöhle“. Hier wird wie folgt auf eine weitere Höhle hingewiesen:
„Und in der That befindet sich nahe bey dem Schlosse Stein am linken Ufer der Mulde, in dem von der Eisenburg weg gegen diesen Fluß sich herabziehende Gebirge der Eingang zu einem in den Fels getriebenen Gang. Dieser Gang ist bei seinem Anfang 2 Ellen weit und 2 ¼ Ellen hoch. In kurzer Entfernung vom Eingang erweitert sich der Gang bis zu 6 Ellen Breite. Mit dieser Breite zieht sich der Gang in Richtung Eisenburg zu, 20 Ellen tiefer in das Gebirge, nachher verengt sich der Gang bis auf 3 Ellen. Von da gehen ähnliche Gänge zur Seite ab.“
Durch diese Angaben erhalten wir eine Vorstellung von der Größe des Stollens. Eine sächsische Elle entsprach 0,5664 m. Es war also möglich, dass der Stollen vielen Wildbachern, wie auch den Helfern des Kunz von Kaufungen als Versteck diente.
Nehmen wir nun die Lithografien aus „Saxonia, Museum für sächsische Volkskunde, Band 1“ von 1835 - diese Bilder zeigen eine andere Prinzenhöhle - und gehen von Wildbach kommend auf dem Stollenweg oder der alten Nürnbergischen Straße talwärts in Richtung Mulde. Auf diesem Weg haben wir nicht gemerkt, dass wir soeben den gesuchten Stollen überquerten. Aus diesem Grund biegen wir dort, wo der Weg ins Flache übergeht, nach rechts ab und stehen nach wenigen Metern an der Stelle, von der aus der Maler seine Bilder malte. Enttäuscht müssen wir feststellen, dass unsere Bilder auch bei größtem Wohlwollen mit der Realität nur wenig übereinstimmen. Was ist passiert?
In der Zeit der Gründerjahre ergriff die Industrialisierung auch das Tal der Mulde. Der Unternehmer Gustav Toelle errichtete um 1880 auf der rechten Muldenseite eine Holzstoff-Schleiferei. Für die Fundamente der Gebäude, aber noch viel mehr für das Muldenwehr, dem Einlauf des Obergrabens und für die Fundamente der Toellebrücke wurden Steine benötigt. Diese Steine wurden aus dem anstehenden Fels am Muldenufer gebrochen. Auch im Bereich unseres Stollens wurden Steine gebrochen. Somit kann man die Möglichkeit nicht ausschließen, dass ein wesentlicher Teil des Stollens durch das Abtragen des Deckgebirges verschwand, der Stollen als solcher in diesem Bereich aber noch vorhanden ist. Als im Bereich des Stollen keine brauchbaren Steine mehr gebrochen werden konnten, begann man aufwärts der Mulde mit dem Steine brechen. Hier kann man noch sehr gut die Bohrpfeifen im Fels erkennen. Da diese Stelle sehr nahe am Ufer der Mulde liegt, wurde eine überhöhte Trockenmauer gebaut, um den Abgang der verwendbaren Steine in die Mulde zu verhindern. Aus dem ersten anfallenden Abraum wurde eine Rampe errichtet, die das Beladen der Feldbahn-Loren erleichterte. Die Trassenführung der Feldbahn kann man im Gelände noch sehr gut erkennen. Dass an dieser Stelle ein weiterer Stollen vorhanden war, ist nicht auszuschließen, aber eher unwahrscheinlich.
Spricht man vom Poppenwald, so kommt man an den Jahren 1944/45 nicht vorbei. Alles was hierzu geschrieben oder gesagt wurde, ist in Bezug auf die Prinzenhöhle uninteressant. Doch
ich stimme mit Dietmar Reimanns Aussage überein, dass in der Prinzenhöhle Kunstgüter verbracht wurden. Diese Haltung erhält zumindest die Spannung aufrecht. Ohne großen materiellen und zeitlichen Aufwand konnte der Stollen von den im Poppenwald handelnden Personen gesichert und geschlossen werden.
In den Jahren nach Kriegsende hatten die Leute andere Sorgen und interessierten sich nicht für die vergangenen Geschehnisse im Poppenwald.
Eine Frage wäre noch zu klären. Wie konnte es kommen, dass dort, wo unsere Prinzenhöhle zu finden ist, eine Mülldeponie eingerichtet wurde? Wurde von informierter amtlicher Seite angewiesen, den Müll an dieser Stelle zu verbringen, um eine weitere Möglichkeit der Tarnung zu erzielen oder haben die Wildbacher aus eigenem Antrieb eine wilde Mülldeponie geschaffen?
Stellen wir die Klärung dieser Frage zurück und beginnen im Jahre 2011 mit der Beräumung der Deponie! Auch wenn der Vorstand der Nikolai-Kirchgemeinde Zwickau jegliches Graben untersagt hat, dürfte er gegen eine Beräumung und somit auch der Freilegung des Zugangs zur Prinzenhöhle keine Einwände haben. Gemeinsam mit der Gemeinde Bad Schlema, der Kirchlichen Waldgemeinschaft „Westerzgebirge“ und interessierten Heimatfreunden könnte unter Einbeziehung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen das Werk gelingen.
Jürgen Hüller
Wildbach, November 2010
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