Inspiriert wurde ich zum Schreiben dieses Beitrages, durch die von Dr. Oliver Titzmann veröffentlichte Chronologie „Die letzten Kriegstage in Niederschlema“.
Unter Mitte April 1945 steht folgendes geschrieben:
„ Zudem sind in diesen Tagen auf der Straße zwischen Hartenstein und Niederschlema mehrere stark gesicherte LKW-Konvois (Wehrmacht und Waffen-SS) unterwegs, Ladung und Ziel unbekannt“. Der Autor fügt nun seine eigne Meinung ein: “ Mit großer Wahrscheinlichkeit sind bis heute unbekannte Dinge in mindestens einen Stollen verbracht worden, dessen Zugang danach versprengt wurde“.
Auf der Basis dieser Aussagen verfasste ich diesen fiktiven Artikel.
Irgendwo in Thüringen wurden sechs Kisten bereitgestellt. Diese Kisten waren aus Holzbohlen mit umlaufenden Stahlbänder gefertigt. Zwei Trageösen gewährleisteten, dass die Kisten auch mit Hebezeugen transportiert werden konnten. Am 8. April 1945 wurden zwei dieser Kisten mit Inhalt versehen. Jede dieser Kisten wurde separat auf LKWs geladen. Dazu kamen noch drei LKW, auf denen die Begleitmannschaften aufsaßen. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde der Marschbereitschaft hergestellt. Der Marschbefehl kam um 3 Uhr 45 Minuten. Um vor Feindeinsicht und Tiefflieger relativ sicher zu sein, wurde die Fahrt vorrangig im Dunklen durchgeführt. Die Marschordnung sah so aus: Das Vormausfahrzeug war mit Unteroffizieren der Wehrmacht besetzt. Neben dem Fahrer saß ein Oberleutnant. Der 2. Lkw beförderte eine der Kisten. Im 3. Lkw fuhren Männer der Waffen- SS. Auf dem 4. Lkw befand sich die 2. Kiste. Auf dem Lkw, der das Ende des Konvois bildete, waren Soldaten der Wehrmacht.
Die Männer der Begleitmannschaft hatten keine Kenntnis vom Inhalt der Kisten. Sie konnten aber schon vermuten, dass er ausgesprochen brisant sein musste. In den frühen Morgenstunden des 9. April 1945 wurde der Konvoi auf der Talstraße gesichtet. Nach einer kurzen Fahrt waren sie dann im Poppenwald und hatten den Mühlweg, die Entladestelle erreicht. Hier wurden sie schon von Männern der OT erwartet.
Die Entladung der Kisten sollte schnell vorangehen. Mit Manneskraft wurden die Kisten, auch mit Hilfe von an der Ladefläche angelehnten Pfosten, vom Lkw gezogen. Sechs Männer der Waffen- SS blieben vor Ort, um die Einlagerung zu überwachen. Gegen Abend setzte sich der Konvoi in Richtung Thüringen in Marsch. Am 10. April 1945 sollten zwei weitere Kisten in den Poppenwald gebracht werden. Dazu kam es aber nicht mehr.
Ein Vorauskommando der US–Army hatte drei dieser Kisten mit hochbrisanten Inhalt mitgenommen. Die Amerikaner haben den Inhalt der Kisten wohl gekannt. Was mit der sechsten Kiste bzw. deren Inhalt geschah ist nicht bekannt.
Zurück in den Poppenwald. Die Kisten befinden sich jetzt auf dem Mühlweg, genau dort wo dieser Betonstein steht. Nachfolgend ein Auszug aus „Zwei Sollen und eine Halde“
Hat man den Anstieg des Mühlweges geschafft, kommt nach dem Abzweig des Adventsweges eine Gefällestrecke, die dann ins Flache ausläuft. Dort im Flachen wurde im Oktober 2018 nach der angenommenen Verrohrung einer Rösche gesucht. Es wurde nichts gefunden. Entdeckt wurde aber ein auffälliger, rechteckiger Betonstein. Dieser Stein liegt ca. 2,00 Meter abseits des Weges. Dieser Stein ist auch eines der kleinen Rätsel des Poppenwaldes.
Da mir die Karten der SDAG-Wismut, den Poppenwald betreffend, zur Verfügung stehen kann ich ausschließen, dass dieser Stein zur Markierung eines Kabelverlaufes dient. Er ist auch kein Grenzstein, der in jüngster Zeit gesetzt wurde. Es ist auch kein Stein aus früherer Zeit, die Steine, die zur Vermessung des Waldes um 1855 genutzt wurden, waren alles Natursteine. Was für Möglichkeiten bleiben da noch? Ich muss nun davon ausgehen, dass im Poppenwald nichts ohne Grund getan wurde. Bei meiner Suche nach Stollen im Wald haben schon die verschiedensten Hinweise im Gelände geholfen. Ein Stein dieser Art war noch nicht dabei. Eine vorerst wahllose Suche mit der Wünschelrute zeigte mir eine Anomalie an. Da diese Anomalie mit einer Breite von ca. 2,00 Meter auftritt, darf ein Stollen vermutet werden. Eine intensivere Untersuchung mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln ergab, es handelt sich um einen Stollen
In ca. 15 Meter Entfernung zeigt sich dann das Mundloch des ungefähr 28 m langen Stollens, er ist breiter als im obigen Text zu lesen, nämlich ca. drei Meter.
In den Stollen führten Feldbahngleise. Zum Transport der Kisten benutzte man die Untergestelle der Loren. Mit einem Seilzug wurden dann Untergestell samt Kiste in den Stollen gezogen.
Der Stollen war in seinen Abmessung für die Unterbringung von sechs Kisten ausgelegt. Wie oben schon gemeldet kam es nicht mehr dazu. Das im Stollen wichtige Objekt von großer Bedeutung untergebracht wurden, kann man auch an der Bereitstellung von Grubenholz schlussfolgern. Auf Anweisung des Oberförster Wendschuh aus Zwickau musste kurzfristig Grubenholz, zum sicheren Ausbau des Stollens bereitgestellt werden. Der Stollen sollte eine besondere Sicherheit für die eingelagerten Gegenstände bieten. Um einen Verbruch zu verhindern wurde dieser Stollen, ähnlich wie der Powenzbunker, mit Spritzbeton ausgekleidet. Nachdem die Meldung einging, dass aus Thüringen keine Kisten mehr kommen, wurde am 14. April der Stollen durch Sprengung geschlossen. Das Gelände wurde angepasst. Das Feldbahngleis blieb im Stollen.
Für den Poppenwald ist der 14. April 1945 ein oftmals genanntes Datum. Diesem Datum werden von den unterschiedlichsten Personen die unterschiedlichsten Sachverhalte zugewiesen. Für mich bezieht sich der 14. April 1945 allein auf die abgeschlossene Arbeit am Stollen.
Wenn man unter großen Sicherheitsvorkehrungen solch brisante Ladung transportiert und einlagert, muss man zwangsläufig erwarten, dass die Einlagerungsstelle einer regelmäßigen Kontrolle unterliegt. Die Person, der man diese Aufgabe überträgt, wird in Kreisen der Schatzsucher als Gralshüter oder Gralswächter bezeichnet.
Im Poppenwald soll Wolfgang Köhler diese Aufgabe erhalten haben.
Wer sich für die Person Wolfgang Köhler interessiert, kann sich in „Rätselhafter Poppenwald“ von Autor Mario Ulbrich, bestens informieren. Für diesen Beitrag ist ein Abschnitt auf Seite 160 wichtig.
„ Der Heimatforscher Klaus-Dieter Karl hat eine Frau ausfindig gemacht, die den alten Köhler, der selbst keine Fahrerlaubnis besaß, zu DDR–Zeiten hin und wieder in ihren Trabi in den Poppenwald chauffiert hatte. Sie musste ihn zu dem Felsen fahren, unter dem auch Reimann das Versteck vermutete. (Damals war der Adventsweg teilweise noch befahrbar). Jedes Mal blickte er sich um, nickte zufrieden und stieg wieder in den Wagen, ohne zu sagen was er dort eigentlich wollte.“
Wolfgang Köhler kontrollierte nicht die Unversehrtheit des Verstecks des Bernsteinzimmers, er selbst war ja für den Transport des Bernsteinzimmers in das Gebiet Obersalzberg verantwortlich (siehe Beitrag „Von Königsberg nach Obersalzberg“) gewesen. Auch die Stollen, in denen Wertsachen ostpreußischer Adliger untergebracht waren, spielten keine wesentliche Rolle.
Nochmals Mario Ulbrich:
„... scheint gesichert zu sein, dass Wolfgang Köhler im Poppenwald – und anderswo – auf etwas aufgepasst hat. Aber worauf? Auf ein Depot mit Kunstschätzen? Oder auf etwas ganz anderes?“
Nun geneigter Leser frage ich Dich, was ist Dichtung, was ist Wahrheit?
Wildbach, September 2021
Jürgen Hüller
|